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    Die türkischen Medien und die
öffentliche Sicherheit in Europa

 

      Ozan Ceyhun - MdEP (SPD)

 

Vorwort des Herausgebers

 

 

Sehr verehrte Leserinnen,

sehr verehrte Leser,

 

wer freut sich nicht im Urlaub oder bei einem beruflichen Kurzaufenthalt im Ausland an einem Kiosk eine Zeitung oder Zeitschrift aus der Heimat zu entdecken. Obwohl man in der Ferne weilt, und die Welt mit anderen Augen sehen kann, bekommt man in der Muttersprache Informationen über Entwicklungen und Ereignisse zu Hause.

 

                Bei einem längeren Aufenthalt im Ausland oder einer 
          dauerhaften Verlegung des Wohnsitzes in die Fremde
          sind die Medien aus der alten Heimat jedoch nur von
          begrenztem Nutzen. Ihnen fehlt der Blick auf die neue
          Heimat und das Insiderwissen über das, was vor Ort läuft.
          Wer seinen Wissensdurst nur mit den Medien der alten
          Heimat stillt, wird in der Fremde meist ein Fremder
          bleiben.

 

Die Balearenausgabe der BILD erhöht wohl kaum die Integrationsfähigkeit und das Verständnis der deutschen Mallorkiner für die ,,Ureinwohner”, ihre Sitten und Bräuche. Ebenso wenig kann dies eine aus national-türkischer Sicht erstellte ,,Hürriyet” bei den in Europa lebenden türkischstäm­migen Migranten für die gesellschaftlichen und politischen Fragen in den europäischen Staaten leisten.

 

So wichtig Medien aus dem Herkunftsland für die Aufrechterhaltung der emotionalen Bindung an die alte Heimat sind, so sehr können sie bei der Integration und objektiven Information über das Land in dem man lebt zum Hindernis wer­den.

 

Das heißt nicht, daß türkischsprachige Medien in Europa keine Daseinsberechtigung haben sollten — im Gegenteil. Jedoch bedarf es eines aufgeklärten Journalismus, der beiden Weltsichten” verpflichtet sein sollte. Und es Bedarf einer Wahrnehmung aller Medien — egal welcher Sprache — durch die Gesellschaft des Landes in dem sie erscheinen.

 

Zur Förderung dieser Entwicklung soll diese Broschüre einen Beitrag leisten. Ich hoffe Sie haben viel Vergnügen beim Lesen.

 

Ozan Ceyhun

Mitglied des Europäischen Parlaments

 

    Cem Özdemir

 Eine Stellungnahme aus Bonn

  

Bunt, reichlich gegliedert und mit Schlagzeilen in riesigen Buchstaben prägen türkische Zeitungen mittlerweile die deut­sche Presselandschaft. Nicht weniger als ein Dutzend türkische Privatsender, die über Parabol-Antennen empfangen werden, strahlen neben dem Staatssender TRT-İNT, der im Kabelnetz nach wie vor über ein ,,türkisches Monopol” verfügt, über die Bildschirme der in Deutschland lebenden Migranten ihre fast ausschließlich in der Türkei produzierten Sendungen aus.

 

Diesen regelrechten Boom der türkischen Medien könnte man, als das legitime Verlangen nach sprachlich und inhaltlich adäquaten Medienangeboten der Migranten, in einer plurali­stischen und multikulturellen Gesellschaft begrüßen, wenn die zunehmenden Desintegrationsprozesse in der Gruppe der Migranten aus der Türkei vor dem Hintergrund dieses beispiel­losen Booms der türkischen Medien den Beobachtern nicht die enge Wechselwirkung zwischen diesen beiden Entwicklungen deutlich vor Augen führen würde.

 

Die — vermeintliche — Verteidigung der türkischen Ehre ist ein zentrales Anliegen so mancher der hier käuflichen türkisch­sprachigen Boulevardzeitungen und hat offensichtlich den Vorrang vor seriöser Berichterstattung. Das WeItbild dieser Presse ist schlicht Freund-Feind, gut-böse, schwarz-weiß. Da wird aus dem berechtigten und notwendigen Protest gegen Ausländerfeindlichkeit und rassistische Übergriffe schon mal der Vorwurf des Völkermordes an den Türken. Kritik an der tür­kischen Kurdenpolitik kommt einer Intrige gleich: Vom ,,Spiegel” zur ,,taz”, von Blüm zu Bednarz sollte die Türkeifeindliche Verschwörung reichen, die der Chefkolumnist der ,,Hürriyet” ausgemacht hatte und die selbst das Produktionsteam der Lindenstraße mit einschloss. Nun könnte man dieses abstruse Weltbild als Ausdruck der geistigen Verwirrung einzelner Journalisten abtun — wenn nicht, ja wenn nicht der fast monopolhafte Einfluß auf die Meinungsbildung der türkischen Migranten hier wäre. Dies gibt Anlaß zur Sorge:

Das weitgehende Fehlen einer seriösen und differenzierten Berichterstattung über das Geschehen in Deutschland, der Blick auf hiesige Ereignisse und Probleme durch die ethnische Brille der Türkei-Lobbyisten wird zur einer lntegrationsbarriere für die Türken in Deutschland, verhindert Auseinandersetzung und Kommunikation. Je weniger deutsche Medien die Probleme der hier lebenden Minderheiten thematisieren, umso mehr werden diese auf das muttersprachliche Angebot verwie­sen. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr und andere muttersprachliche Medien.

 

Bei allem Verständnis für die Ursachen der heutigen Situation wird den Beobachtern türkischer Medien schlicht mulmig bei der Vorstellung, wohin diese »Isolierung” führen kann. Die Frage, wie eine Mehrheitsgesellschaft und die größte Migrantengruppe, die in ihr lebt ohne einen gegenseitigen lnformations- und Meinungsaustausch eine gemeinsame, möglichst konfliktfreie, ja friedliche Zukunft aufbauen wollen, muß unbeantwortet bleiben, wenn der Status quo beibehalten wird.   müßte hinzugefügt werden, daß sich die ,,Heimat” und rückwartsgewandte Tendenz verstärken wird, wenn nichts unternommen wird.

 

In letzter Zeit ist aber auch Positives zu vermelden. In eini­gen überregionalen und wichtigen Zeitungen, wie der Frankfurter Rundschau, dem Tagesspiegel, der Berliner Zeitung oder der taz schreiben junge türkischstämmige JournalistInnen und gewähren somit der mehrheitlich deutschen Leserschaft einen Einblick in die türkische Community. Pionierarbeit hat sicher ,,die taz” mit ,,Intertaz” geleistet.

 

Diese Broschüre, zusammengestellt von meinem Kollegen und Freund Ozan Ceyhun, ist ein erster keiner Schritt in die richtige Richtung und ein wichtiger Beitrag zur Klärung der angesprochenen Probleme.

 

    Cem Özdemir

Mitglied des Deutschen Bundestages

 

 


Die Rolle der türkischen Medien

 

Zunächst die gute Nachricht: in Deutschland lebende Türken können Ende der 90er Jahre unter einem vielfältigen muttersprachlichen Medienangebot auswählen. Das ist erfreulich. Denn in einer offenen, pluralistischen und multikulturellen Gesellschaft sollte es zur Selbstverständlichkeit gehören, daß neben französisch- und englischsprachigen auch Zeitungen in russisch, serbo-kroatisch, arabisch, polnisch oder türkisch angeboten werden. Schließlich st es Privatangelegenheit eines jeden Einzelnen, in welcher Sprache er sich über das Geschehen in der naheren und weiteren Umgebung informie­ren will.

 

Nun zur schlechteren Nachricht:            Nur in wenigen Ausnahmefällen sind die türkischsprachigen Medien, die in Deutschland konsumiert werden, einem aufgeklarten Jour­nalismus verpflichtet. Seit Beginn der 90er Jahre nimmt die Aufsplitterung der türkischen Community nach religiöser, eth­nischer und nach politischer Einsteilung zu. Die Medien spielen dabei eine wesentliche Rolle. Das Resultat: Die Mehrheit der türkischsprachigen Medien trägt wenig zur interkulturellen Verständigung bei. Spätestens seit den Brandanschlägen in Mölln (1992) und Solingen (1993) überwiegt die skeptische Berichterstattung über Deutschland. Skandalberichte über tür­kenfeindliches Verhalten deutscher Politiker, ob nun berechtigt oder nicht, ist ein Garant für hohe Auflagen.

 

Viel zu lange hat die deutsche Öffentlichkeit das türkisch­sprachige Medienangebot ignoriert, sich keine Gedanken dar­über gemacht, aus welchen Informationsquellen sich die türki­schen Nachbarn ihr Weltbild zusammen basteln, welchen ideo­logischen Einflüssen sie ausgesetzt sind. Das ist um so erstaunlicher, als in einer multikulturellen Gesellschaft nie­mand eine Insel ist, jede Veränderung im kollektiven Selbstverständnis einer sozialen oder ethnischen Gruppe Rückwirkungen auf das Ganze hat. Das Ergebnis der Entwicklung in den neunziger Jahren: ParalIeIe Medienöffentlichkeiten existieren nebeneinander, die in der Regel wenig von einander wissen.

 

Die Mehrheit der Deutschtürken bezieht ihre Informationen und Unterhaltung heute via Satellit und Kabel auf zahl­reichen Kanälen direkt aus der Türkei. Mehr als die Hälfte der Deutschtürken, so ergab eine Untersuchung des Zentrums für Türkeistudien, schaltet nie ein deutschsprachiges Programm ein. Die Einschaltquoten von ARD, ZDF, RTL und SAT1 liegen in türkischen Haushalten gerade mal zwischen 1,5 und 3,5 Prozent. Die Konsequenz: Die in Deutschland lebenden Türken konsumieren mehrheitlich Nachrichten und Unterhaltungs­sendungen, die in Ankara oder Istanbul produziert werden, auf die dortigen gesellschaftlichen Verhältnisse zugeschnitten sind, und nur bedingt die bundesrepublikanischen Verhältnisse reflektieren.

 

Auch auf dem Zeitungsmarkt hat der türkischsprachige Leser inzwischen die Wahl. Jeder zweite türkischstämmige Leser, auch dies ein Ergebnis einer Umfrage des Zentrums für Türkeistudien, liest ausschließlich türkischsprachige Zeitungen. Neben der liberalen Milliyet (Auflage in Deut­schland rund 18.000) werden an bundesdeutschen Kiosken fol­gende Tageszeitungen angeboten: Die ultra-nationalistische Türkiye (50.000), die national-liberale Sabah (78.000 nach eigenen Angaben), die islamistischen Blatter Milli Gazete (rund 7.000) und Zaman (4.000) sowie die prokurdische Özgür Politika.

 

Die einflussreiche und größte türkische Tageszeitung in Deutschland st Hürriyet. Die Europaausgabe von Hürriyet, mit Sitz in Frankfurt, hat eine Gesamtauflage von rund 160.000. Davon entfallen über 100.000 auf die drei bundesdeutschen Regionalausgaben (Nord, Süd, Berlin). Für die 2,1 Millionen in Deutschland lebenden Türken st die konservativ­nationalistische Hürriyet das meinungsbildende Blatt schlecht­hin. Sie hat einen mit der Bild vergleichbaren Verbreitungs­grad.

 

Was macht den Erfolg von Hürriyet aus? Die Popularität resultiert aus der intensiven Berichterstattung über das Leben der türkischen Gemeinden in Deutschland. Betriebsfeiern fin­den dabei ebensoviel Raum wie Berichte über neueste Personalien und Entwicklungen in den lnteressenverbänden der Migranten. Die gesellschaftliche Vielfalt des politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens in Deutschland fin­det sich in Hürriyet nur in sehr reduzierter Form wieder. Von Interesse sind fast ausschließlich Themen, die Türken betref­fen. Sind sie von allgemeiner Natur, werden sie zu einem türki­schen Thema gemacht. Wird etwa in Bonn über die Kürzungen der Sozialleistungen diskutiert, vermeldet Hürriyet, das Türken besonders davon betroffen sind. Das von Deutschland entwor­fene Bild ist negativ, und das Thema von Türken in der feind­lichen Fremde wird in al/en erdenklichen Variationen ventiliert. Gleichzeitig fehlt ein kritischer Blick auf die türkische Minderheit.

 

Eine besondere Rolle nehmen bei Hürriyet, wie bei allen türkischen Zeitungen, die Kommentatoren ein. Die Kolum­nisten — in einer Ausgabe kommen bis zu zehn zu Wort — sind Stars, die sich zum Tell täglich zu Gott und der Welt äußern. Kolumnisten sind auf keine verbindliche Blattlinie festgelegt.

Die Folge: In einer Ausgabe finden sich durchaus kontroverse Positionen zu einem Thema.

 

Eine herausragende Stellung nimmt der Kolumnist Ertug Karakullukçu ein, den die Zeit nicht ganz zu Unrecht als den Karl-Eduard von Schnitzler der türkischen Presse bezeichnete. Von Istanbul aus, wo er als Journalist nahezu unbekannt ist, kommentiert er für die Europaausgabe von Hürriyet die bun­desdeutsche Politik aus türkisch-nationalistischer Sicht. Gefürchtet sind seine Schmutzkampagnen gegen all jene, die er als Feinde der Türken und der Türkei ausmacht. Über Wochen betreibt er in Kolumnen verkleidete Rufmordkampa­gnen, nach dem Motto: Egal welchen Wahrheitsgehalt meine Behauptungen haben, an den Beschuldigten wird ein wenig Dreck haften bleiben.

 

Regelmäßig in Fahrt kommt Karakullukçu, wenn deutsch oder türkischstämmige Politiker sich kritisch zum politischen System der Türkei, zur Menschenrechtspolitik oder zum Krieg im Südosten der Türkei äußern. ,,Feinde der Türkei” werden an den Pranger gestellt und auch mit Privatdresse, Telefon- und Faxnummer auf der Titelseite präsentiert. Eine kleine und unvollständige Liste der Opfer Karakullukçus:

 

Ø      1995 bezeichnete Karakullukçu die türkische Journalistin und taz-Autorin Dilek Zaptcioglu als ,,Schlange türkischer Abstammung” und alle Türken in Deutschland, die sich Türkeikritisch äußern, als ,,Hirnprostituierte, Scheintürken und niedere Kreaturen”.

 

Ø      Im März 1996 forderte Karakullukçu seine Leser auf, dem Monitor-Chef Klaus Bednarz wegen ,,separatistischer Propaganda eine Lektion zu erteilen”. Das „Verbrechen” Bednarz: Er hatte in einem Kommentar der Tagesthemen darauf hingewiesen, daß es zwischen den Krawallen von Kurden in Deutschland und dem ,,völkermörderischen” Krieg der türki­schen Armee gegen die Kurden einen Zusammenhang gäbe. Bednarz bekam nach den Drohungen Polizeischutz.

 

Ø      Auch der ZDF-Journalist Ruprecht Eser und die ehe­malige Europaabgeordnete Claudia Roth gerieten in das Fa­denkreuz des Kolumnisten, wenn sie sich in der Einschatzung der Situation im Südosten nicht an die Staatsdoktrin der türki­schen Regierung hielten.

 

 

Ø      Gegen die “tageszeitung”, die in den Ietzten Jahren wiederholt die tendenziöse Berichterstattung von Hürriyet the­matisierte, verschießt Karakullukçu regelmäßig seine Giftpfeile. Einzelne Mitarbeiter der Zeitung werden als Agenten dunkler Mächte denunziert, die der türkischen Nation schaden wollten. Bereits 1995 bezeichnete er die Linksliberale Zeitung als ,,Zeitung, die von ehemaligen Kommunisten gegründet wurde, die allgemein dafür bekannt ist, daß sie als Sprachrohr der RAF-Terroristen fungiert”.

 

Ø      Der Türkei-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung Wolfgang KoydI wurde ebenso wie die taz-Mitarbeiter Ömer Erzeren, Jürgen Gottschlich und Eberhard Seidel-Pielen als anti-türkischer Geheimdienstagent  ,,enttarnt”. Koydls Vergehen war ein Leitartikel über die Krise der türkischen Militärdemokratie. Der Sündenfall der taz-Mitarbeiter war ein Kommentar Ömer Erzerens im Herbst 1998, in dem er auf Analogien der Kosovo-Krise und des Kurdenproblems hinwies und darauf aufmerksam machte, daß der Westen und die NATO in beiden Fällen mit zweierlei Maß messe.

 

Ø      Besonders intensiv widmet sich Karakullukçu den beiden Grünen-Politikern türkischer Herkunft Cem Özdemir und Ozan Ceyhun.

 

Ø      Cem Özdemir, seit 1994 Bundestagsabgeordneter der Grünen, ist einer der Lieblingsfeinde Karakullukçus. Bereits 1995 beschimpfte er ihn als ,,Dolch in unserem Rücken”. Und 1998 erhitzt sich der Hürriyet-Kolumnist an Cem Özdemirs kritischen Anmerkungen zu Integrations- und Identitätsproblemen der Deutschland-Türken. Karakullukçus Antwort: ,,Özdemir hat sich unserer Meinung nach sehr stark der Gemeinschaft entfremdet, aus der er kommt. Er arbeitet wie ein Sonderbeauftragter für die Assimilation der türkischen Gemeinschaft. Seine Verdrehungen werden für unsere Gemeinschaft langsam gefährlich. Denn er informiert viele deutsche Quellen. Auf diese Weise unterstützt er indirekt, bewusst oder unbewusst Ungerechtigkeiten, wie zum Beispiel die Ausweisungen”.

 

Als Cem Özdemir im Februar 1999 in der Bundestags­debatte auf die problematische Berichterstattung von Sabah, Özgür Politika und Hürriyet zu den Ereignissen rund um die Verschleppung der PKK-Führers Abdullah Öcalans aufmerksam machte, erreichte die Hürriyet-Kampagne eine neue Qualität. In Kommentaren, sowohl auf türkisch als auch auf deutsch, wurden Cem Özdemir und Ozan Ceyhun als Risikofaktoren für die Integration der Türken in Deutschland angeklagt. In dieser Kampagne wurde ein weiteres Mal deutlich, um was es bei dem Dauerkonflikt geht — um zwei konkurrierende Integrations­modelle. Ceyhun und Özdemir vertreten ein Modell des Bürgers erster Klasse und setzen sich für ein Modell der Integration ohne Zwangsassimilation ein. Hürriyet dagegen vertritt ein Modell, das die Installation einer türkischen Minderheit im Ausland zum Ziel hat, das bei Bedarf per Fernbedienung aus Ankara in Stellung gebracht werden kann. Türkischstämmige Abgeordnete, die die bundesdeutsche Öffentlichkeit über diese problematische Politik informieren, sind in den Augen von Hürriyet Vaterlandsverräter, die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt.

 

 

 

Der Dolch  in unserem Rücken!

 

Interview

mit Cem Özdemir, MdB

 

Cem Özdemir, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen, ist in den letzten Jahren immer wieder ins Kreuzfeuer von ,,Hürriyet”, der einflussreichsten türkischspra­chigen Tageszeitung in Deutschtand, geraten. Bereits vor Jahren wurde er von dem ,,Hürriyet”-Chefideologen Ertug Karakuilukcu als ,,Dolch in unserem Rücken” beschimpft. Die jüngste Kampagne erhitzte sich an Özdemirs Aussagen zu der Rolle einiger türkischsprachiger und prokurdischer Medien in Deutschland.

 

In ,,Hürriyet”-Kommentaren wird ihnen regelmäßig vorge­worfen, Sie würden die Gemeinschaft der Türken nicht kennen, die traditionellen sozialen politischen Werte der Türken missachten. Welche ldeologie steckt hinter Vorwürfen wie die­sen?

 

Die nationalistische Ideologie - eine Sprache, ein Volk und eine Religion, besser Konfession und zwar die sunnitische.

 

 

Diese Ideologie versucht man unter den in Deutschland lebenden Türken durchzusetzen. Da erfüllt die Europaausgabe von “Hürriyet”, aber auch andere türkischsprachige Zeitungen, quasi einen Auftrag, dem ich im Weg stehe.

 

Inwiefern?

 

Ich sage, es gibt in Deutschland Menschen aus der Türkei mit unterschiedlicher Konfession und Ethnie. Ich will mit dieser Feststellung nicht separieren. Sondern lediglich, daß alle als gleichberechtigte Teile des anatolischen Mosaiks anerkannt werden.

 

Welche Rückwirkung hat die polarisierende Berichterstat­tung von ,,Hürriyet” auf die Deutschtürken?

 

Es entwickeln sich kommunikative Parallelwelten mit separaten Tagesordnungen. Wenn ich lese, welche Persönlich­keiten da auftauchen, welche Vereine die kennt niemand in Deutschland. Wer sich ausschließlich aus der türkisch­sprachigen Presse über Deutschland informiert, der bekommt ein sehr verzerrtes Deutschlandbild. Es wird alles durch die Brille Ankaras betrachtet. Entscheidend ist zunehmend die Frage, wie steht Person X und Partei Y zu Ankara. Die Fragen der bundesrepublikanischen Gesellschaft rücken immer mehr in den Hintergrund.

 

,,Hürriyet” mobilisiert Emotionen und Ressentiments der Leser. Bekommen Sie entsprechend aggressive Reaktionen?

 

Ich bekomme natürlich immer wieder Fanpost” aus der nationalistischen Ecke, in der sagen wir eine deftige Sprache gesprochen wird. Die bundesdeutsche Gesellschaft muß sich überlegen, ob sie diese Art von Journalismus, der bestehende Brücken abreißt, möchte. Ich habe das Gefühl, daß viele denken, es handele sich hier um eine Art Privatauseinan­dersetzung zwischen mir und ,,Hürriyet” und anderen. Dos ist es aber nicht, er geht um zwei konkurrierende Model/e. Die Bundesrepublik müßte ein vitales Interesse haben, daß sich mein Modell durchsetzt.

 

Was könnte in diesem Konflikt von deutscher Seite aus getan werden?

 

Es muß endlich verstanden werden, das es sich bei Zeitungen wie ,,Hürriyet” nicht mehr um ausländische Tages­zeitungen handelt, sondern um bundesdeutsche in türkischer Sprache. Es ist absurd, wenn im Pressespiegel des deutschen

Bundestages zwar die ,,Washington Post” und die ,,New York

Times” ausgewertet werden, nicht aber türkischsprachige

Zeitungen, die in Deutschland für den deutschen Markt für

zunehmend deutsche Staatsbürger produziert werden.

 

Kümmert sich der Presserat ausreichend um die türkischsprachige Presse?

 

Man muI3 Zeitungen wie ,,Hürriyet” ähnliches gilt aber auch für Zeitungen wie die islamische ,,Mili Gazete” oder den PKK-nahen Fernsehsender “Med-TV” auch mal auf die Fm gen klopfen, wenn sie in ihrer Propaganda zu weit gehen. Dos machen wir mit bundesdeutschen Zeitungen auch. Falsche Rücksichtnahme ist da nicht angesagt. Aus Gründen der Fairness muß man auch sagen, das siebzig, achtzig Prozent der Mitarbeiter von “Hürriyet” um einen seriösen Journalismus bemüht sind, das ändert allerdings nichts am Problem, das die politische Linie aus Ankara vorgegeben wird. Grundsätzlich muß die türkische Community in Deutschland die Diskussion führen, die Zafer Senocak in der “taz” eröffnet hat: Er fordert dass wir uns aus der Umklammerung Ankaras lösen, indem wir in Deutschland versuchen, unsere Interessen unabhängig von Ankara zu formulieren.

 

Das scheint allerdings ein recht mühsamer Prozeß zu sein.

 

Da wir für diesen Diskussionsprozess weder die geeignete Zeitung noch das Fernsehen haben, brauchen wir dafür dringend Foren wie die intertaz auch in anderen Zeitungen, weil auch die bundesdeutsche Öffentlichkeit diese Diskussion nur verzerrt mitbekommt, nur auszugsweise, wenn das deutsch-türkische Verhältnis wieder einmal gespannt ist. Das ist zu wenig.

 

Mit Cem Özdemir sprach: Eberhard Seidel-Pielen

 

 

Diese Broschüre

kann bestellt werden bei:

 

Die Grünen

im Europäischen Parlament

Ozan Ceyhun, MdEP

Rue Wirtz

B-1047 Brüssel

Telefon                       + 32 / 2 / 284 59 73

Telefax                       +32 / 2 /  284 99 73

 

 

Impressum

1. Auflage, März 1999

Herausgeber

und V.I.S.d.P.            Ozan Ceyhun, MdEP
   Autor                          Eberhard SeideI-Pielen
Endredaktion                         Fabian Dittrich
Konzeption                Ideenhaus newmedia

 

 
(16 Nisan 2001)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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